DARJA STOCKER

Ich studierte "Szenisches Schreiben" an der Universität der Künste Berlin und arbeitete die darauffolgenden Jahre als Theaterautorin für das professionelle Sprechtheater. Für die Recherchen meiner Stücke führte ich jeweils Tiefeninterviews mit Betroffenen und Expert*innen der jeweiligen Thematik. Ich untersuchte die Dynamik von Beziehungsgewalt unter Jugendlichen und wandte mich später den Mechanismen struktureller Gewalt gegenüber Geflüchteten, Wohnungslosen und Aktivist*innen zu. Oft war ich wochenlang auf Recherchereise. Zuletzt interessierte es mich, wie aus Opfern Täter werden konnten. Ich interviewte Männer, die als Kind von häuslicher Gewalt betroffen waren und die sich als Jugendliche freiwillig zur Fremdenlegion meldeten. Ein anderes, jüngeres Stück beschäftigte sich mit Erwachsenen, die als Kinder in Klosterheimen misshandelt wurden. Manche Gespräche mit Betroffenen waren so überwältigend, dass ich die Inhalte nicht einfach nur künstlerisch auf die Bühne übertragen konnte. Denn wem würde es helfen, Gewalt einfach zu reproduzieren? Ich setzte mich daher intensiv mit Trauma therapeutischen Methoden auseinander und stiess auf das Konzept der "inneren Bühne" in der Ego-State Therapie. Nach einem intensiven Selbststudium fügte ich Aspekte der dort beschriebenen Interventionen in meine künstlerische Arbeit ein. Ich kreierte transformative Szenen, in denen die inneren Anteile und Helfer der Figuren auf der Bühne erscheinen und die Protagonisten den Tätern so nicht mehr allein gegenüberstanden. Seit dem Ende meines Studiums 2011 war ich parallel zu meiner Tatigkeit als Autorin auch als Coach und Mentorin tätig. Das neu erworbene Wissen über die Ego-States war nun auch in dieser Arbeit nicht mehr wegzudenken. Später entschied ich mich, die Methode professionell zu erlernen und machte die Ausbildung zum Ego-State-Coach & Counseller. Meine Erfahrung als Theaterautorin stellte sich während der Ausbildung als ein für mich reiches Fundament heraus: Die Worte genau abzuwägen, Figuren aufzustellen, Dialoge zwischen Anteilen zu initiieren, Konflikten auf den Grund zu gehen, den Impulsen des Hier und Jetzt zu vertrauen- all das kannte ich aus dem Theater. Wie das Stückschreiben bietet die Ego-State Arbeit Raum, kreativ und spontan zu sein und erfordert gleichzeitig, den eigenen Werkzeugkasten genau zu kennen und zu beherrschen. Zurzeit mache ich eine Ausbildung in "Somatic Ego State Therapy", die auf die Arbeit mit Personen, die unter posttraumatischem Stress und Traumata leiden, spezialisiert ist. Das kognitive Verstehen der eigenen Geschichte zusammenzubringen mit dem Wissen unseres Körpers, seinen Bewegungsimpulsen und tiefsten Empfindungen, steht hier im Fokus.